Naher Osten ganz nah

Ok, der erste Versuch hier etwas sinnvolles zu produzieren.

In den letzten Tagen eskalierten die offenen Kriegshandlungen zwischen Israel und Libanon. Der Grenzkonflikt wurde durch die Entführung von israelischen Soldaten durch die Hisbollah entfacht und hält bis heute an. Auf der folgenden Karte ist das aktuelle Konfliktgebiet rot eingezeichnet und die Gebiete der Seeblockade


Nahostkonflikt Israel Libanon

Während also die Seewege blockiert werden und die israelische Armee in das Land einmarschiert, marschieren in den westlichen Ländern ganz andere Spieler auf das Feld (man möge mir die blöde Sportanalogie verzeihen). Die Führer der G8 Staaten, die auf ihrem Treffen ja eigentlich die russische Vorherrschaft in der europäischen Energieversorgung sichern wollten sollten, müssen plötzlich Stellung beziehen zu einem schon immer unbequemen Konflikt.

Israel, das Wunsch- und Sorgenkind der westlichen Welt, steht als klarer Aggressor in einem völkerrechtlich zumindest bedenklichen Feldzug gegen eine zumindest offiziell staatenlose Vereinigung, deren Ziel es ist, eben dieses Wunschkind aus dem heiligen Land (und am besten gleich noch vom restlichen Erdboden) zu verbannen. Es darf sich eigentlich keine der G8 Mächte offiziell von Israel abwenden – zu lange schon haben sie die Regierungen dort unterstützt und etwas gleicher behandelt als andere Staaten im Nahen Osten. Gleichzeitig hieße ein offener Schulterschluss mit der Regierung Ehud Olmerts zu diesem Zeitpunkt, der arabischen Welt den diplomatischen Finger zu zeigen und eine Ausweitung des Konflikts zu provozieren. So schweigen sich die Staatschefs der mächtigsten Nationen der Welt von Aufforderung zu Aufforderung. Allein, es stößt auf taube Ohren. Noch auf dem G8 Gipfel rangen sich die Führer der Teilnehmernationen zu einer Resolution durch, die neben der Aufforderung an die Hisbollah ihre Geiseln frei zu lassen auch die Mahnung an Israel enthält, sich aus dem Libanon zurückzuziehen. Der Glaube, dass diese Resolution etwas bewirken wird, fehlt wohl nicht nur mir.

Auch die USA zeigen sich in dieser schwierigen Lage einmal von der ganz sanften Seite (zumindest an amerikanischen Aussenpolitikmaßstäben gemessen). George W. Bush gibt Israel sogar eine ganze Woche Zeit, ihr Anliegen dem libanesischen Volk unmißverständlich klar zu machen. Die naheliegende Vermutung, dass die USA nach Ablauf dieser Woche Sanktionen oder ähnliches androhen, wird enttäuscht. Sollte Israel die Kampfhandlungen nach sieben Tagen nicht eingestellt haben, so wird Condoleezza Rice in den Nahen Osten reisen, um im Friedensprozess zu vermitteln. Nicht nur, dass dieser wohl schon lange gestorben ist, man fragt sich auch warum sie das nicht bereits jetzt für nötig hält.

Ein Grund könnte in der engen Verwicklung der Hisbollah mit dem Iran liegen. Teheran finanziert die Bewegung seit Jahren mit mehreren Millionen. Und da der Iran seit Beginn der Atomkrise für die USA ein mehr als umbequemer “Gegner” zu sein scheint, wird es Washington wohl nicht leicht fallen, in diesen offenen Konflikt Israels mit der Stellvertreterarmee des Iran auf irgendeine Art und Weise einzutreten. So wird sich mit verallgemeinernden Schuldzuweisungen, mit denen man sonst ja eher rasch bei der Hand ist, bisher noch zurück gehalten. Nur vereinzelt sondiert man schonmal das Terrain der eigentlich Schuldigen. Aber auch die Antwort der schnell gefundenen Drahtzieher blieb relativ moderat im Vergleich zu so manchen Äußerungen im Atomstreit bisher.

Das gefährliche Spiel Irans, mit dem klaren Ziel, sich als erste Kraft der arabischen Welt zu etablieren, könnte aufgehen, wenn auch zu einem hohen Preis für alle Beteiligten. Denn letztendlich rächt sich auch im aktuellen Krieg im Nahen Osten das Versäumnis der westlichen Welt, dem Öl eine gleichwertige und ähnlich praktikable Energiequelle zur Seite zu stellen. Denn die Lähmung der G8 Staaten rührt nicht zuletzt doch auch daher, dass Israel geschichtlich bedingt eine gewisse Immunität besitzt und der Iran allein durch die Ölvorkommen quasi am längeren Hebel sitzt. Letztendlich finanzieren u.a. auch die USA mit den Ölimporten aus dem Iran eben jene Terroristen, die sie eigentlich jagen wollen. Denn aus welchen Töpfen nimmt ein Land wie der Iran die 50 Millionen Dollar monatlich zur Unterstützung der Hisbollah, wenn nicht aus den gut gefüllten Staatskassen der Ölexporte? Teheran weiß natürlich genauso wie Washington um all diese Randbedingungen, die diese Nahostkrise so komplex und schwierig machen wie wohl noch nie zuvor. Ahmadinedschad versucht diese Umstände zu nutzen, um sein Land, und damit sich, in eine Position zu bringen, aus der er in der arabischen Welt für all das steht, was der christliche Welt entgegen stünde. Er hat die Möglichkeit der Attila der arabischen Welt zu werden und aus einer sehr “starken Opferrolle” heraus einen Großteil der muslimischen Länder hinter sich zu bringen.
Die Kombination aus der Tragweite dieser Möglichkeit einer Machtballung im Nahen Osten und der Sonderstellung Israels wird ein wirksames Eingreifen der UN wohl verhindern, wie die Speerspitze der Vereinten Nationen auf dem G8 Gipfel mit einer eher halbherzigen Resolution ja schon andeutete.

Man kann nur hoffen, dass die unbestätigten Meldungen stimmen, nach denen Israel diesen Feldzug nicht länger als zwei weitere Wochen fortführen will. Sieht man allerdings Meldungen, nach denen die USA die Öffentlichkeit langsam auf den eigentlichen Konflikt mit dem Iran vorbereiten und Kofi Annan sich öffentlich für die Entsendung einer Stabilisierungstruppe ausspricht, so zweifle ich daran, dass wir ein schnelles Ende dieses Krieges sehen werden.

Hierzu sage ich dann auch gleich gar nichts mehr…

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