Die Hoffnung stirbt zuletzt – Obama in Berlin

Nichtmal "Yes, we can" hat er gesagt. Dafür "change" und "united" und "partnership" und "trust" und "change". Entgegen allen Erwartungen waren wir doch nicht die Einzigen, die sich an der Siegessäule am Großen Stern in Berlin einfanden, um einem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten dabei zuzusehen, auf deutschem Boden amerikanischen Wahlkampf zu machen. Gefühlte 200.000 Menschen (Schätzung meinerseits – und damit quasi die offizielle Angabe) waren es dann doch.

Als Vorband (wtf?) spielten Reamonn, von denen wir vermuteten, dass sie mittlerweile die offizielle Berlin-GroßerStern-Fanmeilen-Band sein müssen, da sie mittlerweile immer, wenn mehr als 20 Menschen auf der Strasse des 17. Juni zusammenkommen dort spielen. Jedenfalls wenn Peter Maffay gerade nicht kann. Die Musikauswahl neben Reamonn zeugte von Einfühlsamkeit der Auswählenden – "Sympathy for the devil", "I’m bad", "Seven nation army" – alles sehr subtile Songtitel, dazu geneigt Vertrauen in einen Präsidentschaftskandidaten aufzubauen, der gekommen war, das Image der USA in Europa zu entkrusten.

Ja ach und dann die Rede natürlich. Die war ja auch noch – wers wirklich nicht gesehen oder bei SpOn/Zeit/SZ/FAZ/Berliner/taz/CNN/ARD/FOX/AlJazeera/… gesehen und voranalysiert bekommen hat, der kann sie hier nochmal nachlesen. Nur soviel: Er hat "change" gesagt. Und irgendwie muss man wohl konstatieren, dass, will Obama auch nur die Hälfte von dem erreichen, was er da angsagt hat, die Vereinigten Staaten noch schnell die Verfassung ändern müssen, denn die maximal acht Jahre, die man in den USA Präsident sein darf, werden dafür wohl einfach nicht reichen.

Siegessäule mit Hoffnung im Vordergrund

Das nicht alles glänzt, was Obama macht, das wird jeder, der sich schonmal länger als fünf Minuten mit internationaler Politik beschäftigt hat, wissen. Das er ein, zugegebenermaßen attraktives und strahlendes, kleineres Übel gegenüber der aktuellen Administration und dem, was evtl. werden könnte (McCain), ist, macht ihn nicht unbedingt zum Wunschkandidaten. Mir war einfach zu wenig Greifbares in den vielen guten Worten und Versprechen seiner Rede. Vieles war zu eindeutig Honig um die europäischen Münder – das er mit der beschworenen Einheit im wesentlichen größeres Engagement militärischer Natur meint, können nicht nur ARD Experten herausanalysieren.

Und irgendwie ist dieser Text hier dann auch schon wieder viel zu lang für die viele heiße Luft, die wohl nicht nur mich recht zwiespältig zurück ließ – aber eines verbinde ich dann doch mit seiner Rede. Hoffnung. Hoffnung, dass er vieles von dem, was er sagt, auch meint. Hoffnung, dass er auch in dem Amt, das er anstrebt, weiter so engagiert zu dem steht, was er heute publikumswirksam los wurde. Immerhin hat er mal eben alle aktuellen Probleme dieser Erde im großen Maßstab angesprochen. Und diese Hoffnung habe ich auch gerne – bin aber Realist genug, um mich nicht der Illusion hinzugeben, dass Obama nun der Heilsbringer wäre, der nach seiner Wahl das Jahr 2009 mit den sprichwörtlichen blühenden Landschaften und liberalen Gesellschaften übersät.

Insofern: Change. Und partnership. Und united – na mal sehen.

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