Die Sache mit der Musik

„Hey, diesen Song musst Du unbedingt hören – hier!!“

„Ja ganz ok, aber was ich Dir noch erzählen wollte…“

„Nein nein, hier, jetzt kommt die beste Stelle – pass auf!“

„Was wollen wir denn morgen machen?“

„…“

So oder so ähnlich habe ich diesen Dialog wohl tausend mal geführt. Man versucht jemandem einen Song, eine Textstelle, ein tolles Solo oder ähnliches vorzuführen, bereitet alles vor, versucht denjenigen in die richtige Stimmung zu versetzen und dann quatscht diese Trantüte über die beste Stelle. Besonders beschämend ist das immer gewesen, wenn ich versucht habe Frauen damit zu beeindrucken wie toll ich mich in Musik einfühlen kann und sie haben mich auflaufen lassen.

Gäbe es ein Lied, quasi den Super-Mix aller meiner Lieblingsstellen in allen meinen Lieblingsliedern (kann jemand aus der Musikindustrie sich da mal ranmachen nebenbei?), gäbe es dieses Problem nicht mehr. Ich könnte einfach das Lied laufen lassen und hätte alle 10 bis 15 Sekunden ein Emotionsflashback zu den Erinnerungen, die genau diese Stelle aus diesem Lied so großartig machen würden. Und es wäre auch kein Problem mehr, wenn mir ein Beifahrer in die beste Stelle des Lieds quatscht, das ich im Autoradio gerade laut gedreht habe, denn ich wüsste in ca. 15 Sekunden kommt die nächste.

Ich glaube dafür würde ich sogar bezahlen. Eine Webseite, die mir einen Katalog von x Millionen Titeln bietet. Aus denen darf ich mir aber pro Lied nur jeweils eine Stelle von maximal 15 Sekunden rausschneiden. Das darf ich mit sagen wir 100 Titeln machen und anschließend wird mir automatisch ein Mixtape davon zusammengestellt. Ein Greatest Hits of Greatest Riffs.

Und warum gibt es das nicht? Weil die Rechteschutzindustrie (denn eine Musikindustrie ist das schon lange nicht mehr) seit Jahren versucht alles dafür zu tun, dass die gleichen Verwertungsrechte im Internet auf digitalen Medienträgern gelten wie damals mit den Shellack Platten. Einzelne Songs oder gar nur Ausschnitte davon zugängig zu machen ist in deren Augen völlig absurd. Dann lieber ein neues Musikformat, mit dem man wieder ganze Alben verkaufen kann. Wo kämen wir denn dahin, wenn der Kunde selber bestimmen könnte, was er möchte – oder gar welchen Part von dem, was ihm angeboten wird.

Wie sehr wünsche ich mir, dass diejenigen klugen Köpfe innerhalb der Plattenfirmen, die es mit Sicherheit geben muss, dass all diejenigen, die das Potential des Internets begriffen haben, endlich das Sagen haben. Denn ja, ich als Kunde bin bereit dafür zu zahlen. Ich bin bereit für einen Dienst wie Spotify zu zahlen. Ich würde jede Menge Geld ausgeben für einen iTunes ähnlichen Store, der es mir bequem ermöglicht, jedes Lied der Welt DRM-frei auf meinen Rechner zu laden. In einem Format meiner Wahl. Und all die Möglichkeiten, die digitale Verbreitungswege eröffnen, finde ich spannend und ich bin der erste, der eine Spielwiese wie „The Greatest Hits of Greatest Riffs“ ausprobieren würde, wenn sie mir von der Musikindustrie hingesetzt würde. Und auch dafür würde ich bezahlen, wenn es toll wäre. Gibts aber alles nicht. Amazon kommt der Sache schon ganz nahe mit ihrem Download-Angebot. Ist aber weder bequem noch vielfältig. Und warum muss sowas ein Dritter machen, wenn Ihr die Musik doch im Haus habt?

Ich hoffe, Ihr wacht bald auf. Und bis dahin muss ich eben für bestimmte Musik wieder Kanäle wählen, die Ihr nicht so gerne seht. Und für Spotify einen Proxy nehmen. Und das Lied zurückspulen, wenn mir der Beifahrer wieder über das tolle Solo gequatscht hat. Dabei könnte alles so einfach und schön sein.

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