Frau Merkel,

eigentlich stünde jetzt hier ein recht langer Text zu Ihren und Herrn Seehofers dummen, berechnenden und brandstiftenden Äußerungen auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam und der CDU Regionalkonferenz in Berlin.

Während ich aber so sinnierte, welches Ihrer Zitate eigentlich das dümmste ist und was genau ich dazu schreibe, ist mir aufgefallen, dass das alles schon von Leuten erledigt wurde, die alle viel klüger waren als Sie und ich es sind. Schauen wir uns doch einmal meine Lieblingsaussage von Ihnen, der Bundeskanzlerin der BRD, an:

Auch die CDU-Vorsitzende versicherte: “Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht.” Wer das nicht akzeptiere, “der ist bei uns fehl am Platz”. Gleichzeitig sollten die Deutschen über ihre Werte und die zunehmende Entfremdung von Religion sprechen, um sich über ihr Land und ihre Gesellschaft zu vergewissern.
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Und wissen Sie was, Frau Merkel? Da habe ich einen kurzen, etwas älteren Text für Sie:

(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

(2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.

(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.

(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.

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Kennen Sie sicher, oder Frau Merkel? Das ist Artikel 136 der Weimarer Verfassung, der nach Artikel 140 unseres Grundgesetzes Bestandteil eben dieses ist. Und Ihr Amtsantritt als Bundeskanzlerin ist doch noch nicht so lange her, dass Sie die folgende Zeile vergessen haben, oder?

„Ich schwöre, das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“

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Wenn mir nun noch eine Erklärung einfiele, warum sie plötzlich am äußersten rechten Rand gefährlich nahe davor stehen, das Grundgesetz zu mißachten. Könnte es eventuell mit diesen Terminen zusammenhängen? Wenn es doch nur so etwas wie eine Studie gäbe, die Ihnen beweisen würde, dass die Angsttreiberei der letzten Jahre Früchte getragen hat und es jetzt Zeit ist, mit Islamphobie auf Stimmenfang zu gehen. Achja, gibt es ja. Ja dann.

Bleibt mir eigentlich nur noch die Frage, wie sich wohl der vielgeschätzte Koalitionspartner zu dieser Debatte positionieren wird. Weil:

Die Freiheit, einen religiösen Glauben persönlich zu leben und öffentlich zu bekennen oder dies nicht zu tun, gehört zu den Grundsätzen der Liberalen. Wir bekennen uns zur weltanschaulichen Neutralität des Staates.

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Das wäre doch eigentlich jetzt die Gelegenheit für die FDP mal wieder ihr Image als liberale Partei zu schärfen. Also so liberal im eigentlichen Wortsinn, nicht wahr Herr Westerwelle? So für alle – das ist ja immer das eigentlich schwierige an diesem ganzen Freiheitsmumpitz. Für die Freiheiten, die man sich selber herausnimmt, ist das immer leicht zu fordern. Für Freiheiten, die Andere betreffen würden ist das schon schwieriger.

Zum Abschluß Frau Merkel noch kurz: Wann kann ich Ihnen denn in der nächsten Woche meinen Paß vorbeibringen? Denn ich bekenne mich ebenfalls nicht zum christlichen Glauben, den christlichen Werten oder sonstigem religiösen Unsinn. Ich wäre insofern also “fehl am Platz” und da will ich natürlich nicht weiter stören. Ich könnte Dienstag, wäre Ihnen das recht? Oder haben Sie da gerade Bibelgruppe?

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