Verlustängste

Meine Küche ist seit kurzem Teil einer wissenschaftlichen Veröffentlichung. Mein Mitbwohner veröffentlichte Fotos unseres Küchenbodens in einem Paper, womit mir nun meine Küche in Sachen fototechnischer Veröffentlichungen weit voraus ist. Ich dachte immer, wenn einer von uns beiden zuerst sein Foto veröffentlicht bekommen würde, dann werde das ich sein. Nun ist es meine Küche.

Abgesehen von meinem dadurch etwas angekratztem Ego, habe ich jetzt auch Sorge, dass sie sich charakterlich ändern wird. Sie war in unserer Beziehung immer die eher Ruhigere, mehr so der zurückhaltendere Raum in unserer Wohnung. Wenn ich mich auf einen unserer Räume verlassen konnte, dann unsere Küche – unaufdringlich und nicht so einnehmend wie z.b. das Bad, und dabei doch angenehm und nützlich. Was, wenn sich das jetzt alles ändert?

Vielleicht komme ich eines Tages nach Hause und finde all die wissenschaftlichen Topstars in meiner Küche. Und Stephen Hawking persönlich schmeisst mich mich einem abschätzigem Blick raus. Vielleicht möchte meine Küche ja jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben. Jetzt, wo sie eine berühmte Küche ist. Zwar hat sie bisher noch nichts durchblicken lassen, aber man weiß ja wie schnell sowas geht. Auf einmal sind die besten italienischen Marmorfliesen gerade gut genug, sie hängt nur noch mit A++-Geschirrspülern rum und verschmäht meinen Frosta-Pfannen-Einkauf, weil da kein Beluga-Kaviar dran ist.

Ich vermute, dass sie wohl recht bald mitkriegen wird, dass das Reinigungsmittel, mit dem wir sie putzen, nur 1,50 kostet und wenn wir nicht arg aufpassen, wird sie wohl ausziehen und nur noch in den teuersten Hotels dieser Stadt leben wollen. Und was machen wir dann? Ich befürchte, eine Feuerstelle im Bad ist mit der Hausordnung nicht vereinbar und immer kiloweise Eis im Flur zu haben, nur um mal einen Kasten Bier zu kühlen, geht wohl auch sehr schnell zu Lasten der gesellschaftlichen Akzeptanz.

Und alles nur wegen ein paar undeutlichen Fotos. Ach, das Leben könnte so einfach und schön sein, hätte man nicht dauernd all diese Sorgen.

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