Die durch die Hölle gehen

Ich muss es jetzt mal sagen: Mit mir befreundet zu sein ist scheisse. Ich weiß, dass ich es wahrscheinlich schon lange nicht mehr wäre. Ich hätte mir schon längst den Laufpass gegeben (Bevor ich dann wohl auf Knien angekommen wäre und mich gebeten hätte, es nochmal zusammen zu versuchen, was in zwei gescheiterten Ehen, jeder Menge Anwaltskosten und mind. zwei furchtbaren Kindheiten für meine, nun in Patchworkfamilien lebenden, Söhne mit mir geendet hätte – aber das ist eine andere Geschichte). Denn neben meinen unzähligen positiven Eigenschaften wie meinem perfekten Aussehen, dem unglaublichen Charme und einer größeren Loyalität als Lassie, zieht mich doch immer wieder die eine negative Seite in den Top Rankings im Freundeskreis auf einen unspektakulären Mittelfeldplatz: Ich bin notorisch unpünktlich.

Wäre mein Freundeskreis die Bravo, dann wäre ich der Kerl in der Foto-Love-Story, der dauernd die Gags verhaut und durch die alleinige Anwesenheit nervt. Nur eben umgekehrt. Ich nerve durch Abwesenheit. Nun ist es ja so, dass mir das durchaus bewusst ist; in meiner Selbstwahrnehmung ich jedoch maximal an 10% der Fälle direkt die Schuld trage – in noch weniger Fällen trifft mich zumindest eine Mitschuld. Leute, die das objektiver betrachten können (vulgo: alle anderen), sehen das sicher anders und würden diese Zahl ungleich höher ansetzen. Und wenn ich ganz ehrlich bin, wird die Wahrheit wohl nicht mal irgendwo in der Mitte liegen, sondern eher zu der objektiv angesetzten Höchstgrenze tendieren.

Was also ist zu tun? Warum schaffe ich es seit Jahren nicht, meinem Körper/Geist/Seele – was auch immer für so etwas verantwortlich ist, zu erklären, dass meine Freunde und meine Familie mind. ebenso wichtig sind, wie Vorstellungsgespräche oder Abflugtermine. Denn so etwas hab ich noch nie verpasst. Irgendein Sicherheitsmechanismus hat mich bisher davor bewahrt, zu solchen Anlässen so grotesk zu spät zu kommen, dass der Anlass selbst nichtig geworden wäre (Flugzeug/Fähre/Bus weg, Chef sauer etc.). Wie übertrage ich nun diesen geistigen Mechanismus auf meine Freunde? Weiß da jemand Rat? Denn so gehts nicht weiter. Ich will schließlich nicht einsam und grantig alt werden, sondern, wenns geht, nur grantig.

Bin für jeden Therapievorschlag, der wenig Schmerzen umfasst, dankbar. Und Danke an alle, die das bisher so mit mir ausgehalten haben – ist ja wirklich kein Zustand.

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