2.0 my ass

"Alles, was du hast, hat irgendwann dich…"

Fight Club

Über manche Tage könnte man Lieder schreiben, die, wenn sie nicht alle schon geschrieben wären, wohl selbst hartgesottenste Metaller die Rockerbärte zu Berge stehen lassen würden. An diesen Tagen sitzt man in der Mittagspause in Mitte zwischen freiberuflichen Webdesignern und einer Menge WebZwanzig-Enterprise-Hyperlink-Consultants mit Spezialisierung auf die Monetarisierung von Google-Maps Koordinaten und Xing-Profilen, und dann hats einen: Man denkt nichtsahnend vor sich hin und ohne Vorwarnung hört man am Nebentisch angeregte Gespräche über die unglaublichen Chancen von User-Generated-Content betriebenen Midlife-Crisis-Beratungs-Communities.

Wie aus dem nichts kristallisiert sich plötzlich ein Gedanke heraus, der einen nicht mehr los lässt:

Was soll das eigentlich alles?

Als produktiver Teil dieses ganzen 2.0-Gedöns ist das nun nicht gerade der gesündeste Gedanke. Aber sind wir mal ehrlich: Was machen wir da eigentlich den ganzen Tag? Da werden erhebliche Energien darauf verwendet, Social Networks und Communities zu launchen, die fünf Wochen nach Start keiner mehr kennt. Jeder Tag, an dem kein neues Super-Startup an den Start geht, fühlt sich irgendwie komisch an. Flösse all diese Energie in, sagen wir, die Schuhproduktion, wäre Deutschland mit erheblichen Abstand Schuhexportweltmeister. Ist Deutschland aber nicht. Im Gegenteil wird eine Menge Kreativität in Produkte gesteckt, die diesen Namen mehrheitlich nicht verdienen.

Foto © by kbaird

In aller Fairness: Ich liebe, was ich tue und kann mir momentan nichts besseres vorstellen. Ich finde gerade im Umfeld der vielen Buzzwords und Startups quasi jeden Tag Projekte, deren schiere Kreativität mich erstaunt – Mashups, neue Projekte, kleine Tools. Alles da und vieles unglaublich gut. Aber es werden im Verhältnis zu den Firmen, die zum achten Mal das selbe Konzept kopieren und hoffen nun doch endlich mal Geld mit diesem komischen Web-Dingens zu machen, immer weniger.

Spätestens nächstes Jahr wird es daher wohl die große WebZwanzig-Depression geben. Nicht wirtschaftlich, sondern menschlich. Ich prophezeie hier mal ganz kühn, dass spätestens 2009 all die kreativen Köpfe und somit auch ihre Ideen aus den Gefilden der hippen Web-Enterpreneure verschwunden sein werden… aus Depression, Übelkeit oder Langeweile.

Und dann? Stehen wir wieder ohne Spielplatz da.

Also was soll das Ganze?

Könnte man ja auch gleich sein lassen. Nur dann hat man halt immer das Gefühl, was zu verpassen. Und wer weiß, vielleicht hab ich ja auch  komplett unrecht…

"Der schwarze Ritter triumphiert immer…"

Monty Python

 


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