Stereotypen mal hilfreich

Ich versuche ja, mein Leben möglichst vorurteilsfrei zu führen, was mir immer häufiger auch mißlingt. Daher war ich irgendwie heimlich froh, den russischen Akzent meines Gegenübers heute am Telefon zu hören, als ich auf der Suche nach einem behandelnden Zahnarzt war, der mir meinen klagenden Weisheitszahn rausreißen konnte. Ich wollte keine Röntgenbilder, keine Voruntersuchung, keine Überweisung zum Chirurgen – raus sollte er, mehr nicht.

Prima, dachte ich. Von russischen Ärzten hat man ja in allen James Bond Filmen dieser Erde bisher nur Gutes gehört. Der wird sich nicht so zimperlich haben. Kennt man ja, den Russen: "Towarisch, den Zahn nehm’ ich Ihnen dem Löffel hier raus…" – genau das, was ich suche.

Als ich dann jedoch die eher zierliche Frau sah, die meine Zahnärztin war, kamen mir doch Zweifel, ob sie sich als so resolut erweisen würde, wie ich es jetzt brauchte. Vielleicht war sie ja eine von den Russinnen, die dieser ganze Umbruch weich gemacht hat. ich sah mich schon mit der Überweisung konfrontriert: "Brüderchen, da kann ich gar nix für Dich machen – da musst Du zu Genosse Chirurg.". Na prima.

Doch nach einem (!) kurzem Blick hörte ich die Worte, die ich erhofft hatte: "Der Zahn muss raus. Der hat keinen Sinn.".

Noch nie hat mich ein deutscher Zahnarzt so überzeugend über die Notwendigkeit einer Behandlung aufgeklärt. Immer dieses Rumgerede mit logischen Argumenten und allem – alles Unsinn. "Der Zahn muss raus. Der hat keinen Sinn." – fertig.

20 Jahre James Bond waren eben doch nicht nur umsonst.

Nur blöd, dass ich mir jetzt ständig auf die Zunge beiße.

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