Mein neuestes Hobby

Jemand hat mir mal gesagt, dass man im Leben unbedingt versuchen sollte, soviel Zeit wie möglich damit zu verbringen, was man richtig gut kann. Das klingt zunächst einfacher als es tatsächlich ist. Wenn man sich mal überlegt, wieviel Schrott man im Leben macht – da kommen schon ein paar Minuten zusammen. Ganz zu schweigen von den meist vergeblichen Versuchen, herauszufinden, was man besonders gut kann, um dann seine Zeit damit verbringen zu können. Effizientes Leben sieht anders aus – und der Stress erst.

Ich glaube aber, ich habe jetzt etwas gefunden, was diesen Ansprüchen durchaus gerecht wird. Und was noch viel schöner ist: Man kann es nebenbei machen. Quasi im Vorbeigehen. Ladies and Gentleman, without further ado – mein neues Hobby:

Leuten unrecht tun.

Es ist so wunderbar einfach und unkompliziert und ich stelle fest, dass ich wirklich gut darin bin. Sehe ich z.B. eine Gruppe Menschen auf der Strasse, die in meiner unmittelbaren Umgebung laut lachen und allgemein grundlos fröhlich aussehen, besinne ich mich meiner Qualitäten und denke so laut ich kann: "Dieses selbstgerechte Pack hätte es nicht besser verdient, als jetzt sofort vom Bus überfahren zu werden.". Und schon gehts mir besser. Ich wundere mich, dass mir dieses großartige Werkzeug bisher verborgen blieb.

Dabei fing es ganz harmlos an – im Prinzip als selbstgerechtes Gemecker. Langsame alte Frau vor mir auf dem Gehweg, dumme Rückfragen beim Einkaufen, all diese Menschen, die mir mit ihren unglaublich blöden Kommunikationsaufdrängungen oder auch ihrer puren Anwesenheit (langsame alte Frau) einen Keil in die Sonne meines Tages trieben – sie waren nie sonderlich förderlich, wenn es um mein Karma ging. Als Ventil stellte ich mir dann immer vor, wie ihnen etwas Schlimmes passierte und irgendwann mit der Zeit merkte ich, dass die Befriedigung meiner eigentlichen Ventilation noch schneller eintritt, wenn ich den unangenehmen Umstand, der das Ventil nötig machte, einfach wegließ. Cut out the middleman!

Und heute kann ich völlig befreit und entspannt durch die Strassen Berlins gehen, die Hälfte der Leute mit gesunder Mißachtung strafen und denke mir für die andere Hälfte lustige Schmerzen aus, die ihnen jetzt aber mal sofort und völlig gerechtfertigt widerfahren sollten. Das erdet ungemein. Und wenn man dann hintenrum noch mitkriegt, dass der Goldkettchenträger in seinem tiefergelegten VW Polo, dem man gerade ein Verhältnis mit der Mutter seines besten Freundes angedichtet und ihm deshalb völlig zu recht einen Reifenplatzer auf der befahrensten Kreuzung Berlins gewünscht hat, fünf Meter weiter seinen Polo abwürgt, weil so eine Kupplung eben doch schwieriger ist als gedacht, dann hat sich das doch gelohnt, oder? Also, für mich dann.

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