SüdafrikaMexiko vs. UruguayFrankreich

Der erste Tag der WM 2010 ist offiziell beendet und die Erwartungen waren ungefähr ebenso hoch wie der vermutete Absatz von Ohrenstöpseln rund um die zwei Stadien der heutigen Spiele. Doch der Reihe nach.

Die Ehre, die deutschen Fernsehzuschauer zur WM 2010 zu begrüßen, hatte das erfahrene Sturmduo Netzer-Delling und sie erledigten diese Aufgabe mit der Routine jahrelangen Flügelspiels im Fußballfernsehen. Das ist deswegen wichtig zu erwähnen, da das zweite Spiel des Tages von RTL übertragen wurde, die bei dieser Gelegenheit bewiesen, dass sie bei allen Sportarten, die nicht Formel1 sind, eher in der Regionalliga spielen.

Die ersten Halbzeiten beider Spiele glänzten durch erfrischende Harmlosigkeit aller beteiligten Akteure. So vergaßen sowohl Mexiko als auch Frankreich über 45 Minuten, dass sie in ihre respektiven Spiele als klare Favoriten gehen sollten. Gerd Gottlob, der das erste Spiel für die ARD kommentierte, sprach dies in feinster ARD-Fußballreportermanier der Stimmung im Stadion zu und sah die Mexikaner als durchweg beeindruckt an.

Gemeint waren hier in erster Linie die allgegenwärtigen Vuvuzuelas, die traditionellen Fantrompeten im südafrikanischen Fußball. Man muß kein Prophet sein um vorherzusehen, dass diese länglichen Tröten ab morgen die Berichterstattung im deutschen Boulevard dominieren werden. Ich finde sie ja ganz großartig, da sie auf einfachste Art und Weise das Soundkonzept der anwesenden Medien durcheinanderbringen und dabei so herrlich harmloser Ausdruck von Freude am Spiel sind. Sie sind eben nicht die unsäglichen Klatschpappen, die von DFB und Co. in Deutschland so gerne im Stadion verteilt werden und zu Recht in einen ganz speziellen Nebenhof der Hölle verbannt werden sollten. Es ist eine Tradition, die von den Fans kam und ich kann so etwas nur unterstützen.

Während Südafrika sich in der zweiten Halbzeit ihres Spiels darauf besann, dass es wohl doch nicht ganz so nebensächlich wäre das eine oder andere Tor zu schießen, blieb Frankreich diese Erkenntnis auch in der zweiten Halbzeit schuldig. So schoß Tshabalala (was für ein Name!) für die Gastgeber das erste Tor des Turniers – und was für eines. Schon alleine für diesen Torschuß hat es sich gelohnt 55 Minuten mit der Fernbedienung rumzufummeln, weil die WM Tonregie nicht mit dem beständigen Vuvuzelalärm umzugehen wußte und man ständig damit beschäftigt war die Tonschwankungen auszugleichen. Einzig Marquez konnte die beständigen Fanfaren kurzfristig zum Erliegen bringen als er den einzigen Komplettaussetzer der südafrikanischen Elf zum Ausgleich nutzte und so allen Medienvertretern die fast schon fertig getippten Sensationsberichte verdarb. So bleibt wieder nur der Lärm der Plastiktrompeten, über den wir in den nächsten Wochen wohl mehr als über Lena lesen werden müssen.

Leider zeigten sich weder Frankreich noch Uruguay in der zweiten Halbzeit ähnlich gnädig. Was als lahmer Kick in der ersten Halbzeit nicht ganz fair aber doch zutreffend umschrieben werden konnte, entwickelte sich in der zweiten Halbzeit zum französischen Krampf. Uruaguay mußte nicht, Frankreich konnte nicht – über 45 Minuten neutralisierte sich das französische Mittelfeld selber und kamen sie einmal gefährlich vor das Tor des vermeintlichen Underdogs, versprühten sie die Gefährlichkeit von Lukas Podolskis linkem großen Zeh. Uruguay – Frankreich 0:0. So schreibt man wohl Fehlstart.

Ein Wort möchte ich hier aber noch über die Übertragung von RTL loswerden. Mir ist durchaus bewußt, dass Günther Jauch bei RTL alles machen muß, was mehr Grips verlangt als die dritte Wiederholung des Familiengerichts. Und das er durch einen Fußballabend leiten kann, wissen wir seit 1998. Leider hielt RTL es aber für eine gute Idee, ihm Jürgen Klopp an die Seite zu stellen, der schon bei der WM 2006 in Deutschland sämtlichen verträumten Hausfrauen einen Knoten in die Unterhose quatschte und glanzvoll bewies, dass er zwar ein mittelmäßiger Zweitligatrainer ist, im Fernsehen als Moderator aber ungefähr so viel zu suchen hat wie Jürgen Klinsmann als Experte im Stadion. RTL ersparte uns beides nicht und zu allem Überfluß wurde das Spiel neben Jürgen Klinsmann von Florian König kommentiert, was dieser mit einer unglaublich schmerzvollen Béla-Réthy-Haftigkeit tat und mit Stilblüten wie „Wichtig ist […] am Ende das Resultat“ (sic!) bewies, dass er besser bei der Moderation von Autorennen aufgehoben ist – mit 90 Minuten Fuball war er klar überfordert.

Alles in allem ein durchwachsener Einstieg in die WM 2010 – zu viel schwacher Fußball, ungewohnte Übertragungsatmosphäre (Vuvuzelas) -  dafür aber ein großartiges Tor und spürbare Freude am Spiel der Fans in den Stadien. Morgen geht es dann richtig los und ich für meinen Teil freue mich auf England:USA.

Bis dahin: Tshabalala!

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