England, Deine Torhüter – WM Tag 2

Man muss als Englandfan schon eine sehr hohe Toleranz gegenüber Spott und Häme besitzen. Nicht das ich mir viel ausrechne – immerhin muss ich ja dankbar sein, dass sie dabei sind nach dem Debakel 2008 bei, oder besser vor der EM. Aber das hätte nun wirklich nicht sein müssen.
Dabei waren die Umstände fast perfekt: Das erste mal echte Fußballatmosphäre genossen im Oscar Wilde in Berlin. Gefühlte 8 Fans pro Quadratmeter, stickige Luft, kaltes Bier – angerichtet für einen schönen Fußballabend. Aber ach…

Die Spiele der Griechen gegen Südkorea und der Nigerianer gegen Argentinien sind mir nur noch schwammig in Erinnerung – Weltmeisterschaftsstandardware irgendwo zwischen mittelgutem Fußball und der Erkenntnis, dass man keinen der Spieler der südkoreanischen Mannschaft kennt. Griechenlands Start in die WM unterbot sogar noch die französische Leistung des Vorabends und Argentinien erarbeitete sich einen Pflichtsieg ohne wirklich zu überzeugen.

Mir persönlich geht der südamerikanische Hurrafußball à la Argentinien und Brasilien seit Jahren gegen den Strich und so war es aus einem perfiden „Mir doch egal“-Blickwinkel nett zu sehen, dass sie sich phasenweise gegen Nigeria schwer taten. Mehr als diese kleine Schadenfreude wird mir aber bei dieser WM nicht gegeben sein, denn obwohl sie nur 1:0 gewannen werden wir Argentinien bei dieser WM wohl recht lange sehen müssen – die gesamte Offensive wirkte über 90 Minuten auf mich zu gut und abgeklärt und hätte Nigerias Enyeama im Tor nicht einen fast perfekten Tag gehabt wäre der Sieg wohl um einiges höher ausgefallen.

Und damit sind wir bei dem Thema, über das sich alle Deutschen und die paar Amerikaner, denen „Soccer“ nicht egal ist, heute das Maul zerreissen können: Dem Torwart. Robert Green, der Torwart der englischen Nationalmannschaft wird heute Nacht wohl der einsamste Mensch der Fußballwelt gewesen sein. Mit einem einzigen Patzer stürzte er das Heimatland des Fußballs in ein eher peinliches 1:1 gegen die Nation, in der Fußball ein Highschoolsport für Mädchen ist.

Es fällt mir schwer über dieses Spiel objektiv zu schreiben – zu sehr klingen die „U!S!A!“ Rufe der amerikanischen Fans vom Nachbartisch gestern abend noch nach. Zu sehr schmerzt es mich, dass es wieder mal der englische Torwart war, der ein eigentlich gutes, wenn auch nicht vollends überzeugendes Spiel, der englischen Mannschaft zunichte gemacht hat. „It’s your game!“ war nach Abpfiff im Oscar Wilde der meistgehörte Satz und die volle Häme einer Nation, die sich nach 1950 über vierzig Jahre für keine WM Endrunde qualifizierte, wurde wohl nie sinnvoller in drei Worte verpackt.

So bleibt wieder nur die Hoffnung, dass gegen Algerien und Slowenien die beiden Pflichtsiege eingefahren werden und im Achtelfinale dann alles wieder gut ist. Bis zu Rooneys unvermeidlicher roter Karte und dem Ausscheiden im Viertelfinale wenigstens.

Ich gehe jetzt noch ein bisschen mit dem Fußballgott hadern, vermeide den ganzen Tag sämtliche Anrufe meiner Freunde (Häme und Spott!) und freue mich auf Deutschland gegen Australien heute Abend.

Bis dahin: Gnaaaaaaah!

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