Podolski, Klose, Müller, Cacau – WM Tag 3

Der Vorfilm des heutigen WM Tages bestand aus dem bis dato zähesten Spiel des Turniers, welches Algerien und Slowenien mehr mit- als gegeneinander bestritten und das 1:0 endete (wehe es sagt jetzt wieder jemand was über Torwarte und dumme Fehler). Als Hors d’oeuvre wurde anschließend Serbien gegen Ghana serviert – ein Spiel das per Elfmeter entschieden wurde und sich auch über 90 Minuten so anfühlte als müsste es per Elfmeter entschieden werden. Zwar war der Sieg Ghanas im Endeffekt verdient, wirklich zwingend sah das aber alles nicht aus. Jedenfalls alles nichts, was den Hauptakteuren des heutigen Abends Zukunftsängste bescheren müßte.

Viele Fragezeichen standen neben der Aufstellung Jogi Löws – war doch Ballack nicht dabei, was Oliver Schmidt, der ein paar Stunden vorher das Spiel Ghanas im ZDF moderierte, nicht müde wurde bei jedem Ballkontakt Kevin-Prince Boatengs zu erwähnen. Fast ebenso viele Fragezeichen standen für mich hinter den Fähigkeiten Australiens, die ich dunkel als „gar nicht so schlecht“ in Erinnerung hatte und eigentlich noch als stärksten Gegner der deutschen Gruppe eingeschätzt hatte.
Diese Vermutung hielt exakt 8 Minuten und zersprang mit dem ersten Tor durch Podolski (ausgerechnet), der nach einem Pass von Müller mit der Eleganz eines römischen Kriegselefanten aufs Tor drosch, was Schwarzer im Tor Australiens mit der Rettung seines Handgelenks quittierte und die Hand eher halbherzig zum Ball bewegte: 1:0.

Klose übte sich zu diesem Zeitpunkt noch in seiner angeborenen Enttäuschungspose und vergab gleich zwei Großchancen. In der 27. Minute jedoch hatte Schwarzer ein Einsehen mit dem ewigen Talent des deutschen Sturms und ging nach einer Flanke von Lahm eher halbherzig zum Ball, ermöglichte Klose so ein schön anzusehendes Kopfballtor und beendete vorerst die vermutete Mini-Krise des deutschen Sturms: 2:0.

Spätestens jetzt zeigte sich, dass meine Erinnerung, die Australien als mittelgute Fußballmannschaft verortete, zumindest heute nicht zutreffen sollte denn obwohl die deutsche Mannschaft gegen Ende der ersten Halbzeit mit der Verwaltung des Vorsprungs begann, hatte man nie das Gefühl die „Socceroos“ wären hier imstande, irgendeine Art von Gefahr auszustrahlen.

Nach der Pause sorgten Müller mit einem schönen Drehschuß und der gerade eingewechselte Cacau für den 4:0 Endstand. Realistisch betrachtet fiel der Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch aus, denn Özil und Klose wechselten sich auch nach der Pause darin ab, gut herausgespielte Angriffe elegant an der Strafraumgrenze versanden zu lassen. Nach dem Platzverweis gegen die Australier in der 56. Minute hatten diese sämtliche Restgegenwehr sowieso eingestellt und ließen sich an der Hand in Richtung WM Fehlstart führen. So fielen die vergebenen Chancen der deutschen Mannschaft nicht weiter ins Gewicht und selbst Jogi Löw zog es vor Freude das Sakko aus. Ein gelungener Einstand.

Schrieb ich hinsichtlich der Übertragungsversuche von RTL am ersten Tag noch über die Béla-Réthy-Haftigkeit Florian Königs, zeigte heute abend der echte Béla Réthy, dass er selbst die Eleganz podolskischer Sturmläufe mit traumwandlerischer Sicherheit verbal zu unterlaufen vermag. So sah er in Özil das ein ums andere Mal eine Bereicherung für die deutsche Mannschaft da dieser „nicht die deutschen Tugenden verkörpert“ – allein was genau er damit meinte bleibt wohl für immer sein Geheimnis*. Von der Füllmenge des fußballerischen Phrasenschweins, das Béla Réthy heute abend im Alleingang füllte, könnte man Kevin-Prince Boateng wohl locker einen guten Medienanwalt bezahlen, der ihm Gegendarstellungen in allen großen deutschen Medien ausficht.

Aber ach – es ist mittlerweile müßig sich über Sportreporter aufzuregen. Wahrscheinlich gehört eine schlechte bis phasenweise dumme Berichterstattung genauso dazu wie die unvermeidbare grenzdebile Schlagzeile der BILD morgen und die nun aber auf jeden Fall sichergestellte Finalteilnahme Deutschlands („Wer soll uns denn jetzt noch schlagen?“). Es ist eben doch nur ein Sandkasten für die Großen.

Daher für heute abend der Abschied mit den Worten eines der Größten:

„Group D for Deutschland. Ausgezeichnet, fabelhaft, großartig, oberaffentittengeil“
Stephen Fry

Ein Engländer lobt die deutsche Elf – unvorstellbar, wenn das mal andersrum… aber lassen wir das.

Bis morgen.

*Nachtrag: Da ich gerade die Diskussion um angebliche Nazivergleiche während der ZDF Übertragung lese, möchte ich klarstellen, dass ich mit dem genannten Beispiel Béla Réthy natürlich nicht am rechten Rand verorten möchte – ich hielt seine Aussagen schlicht für dummen Mist.

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