DiktaTor – WM Tag 5

Mittlerweile bin ich durchaus gezeichnet von dem selbst auferlegten Anspruch jedes Spiel der WM anzuschauen. Einerseits sind die Spiele bisher zu schlecht als das man sie gesund im Dreierpack jeden Tag überstehen würde, andererseits ist es eben auch nicht leicht die dreimal 90 Minuten jeden Tag in einen vernünftigen Zeitrahmen zu pressen.

Daher war gestern der erste Tag an dem ich ein Spiel verpasste – Neuseeland gegen die Slowakei fand für mich in Hintergrund meines Friseurs statt. So las ich erst nach dem Spiel, dass das 1:1 für Neuseeland ein tolles Ergebnis ist, da sie ein Tor schossen. Das ist schön. Es sind ja auch immer die kleinen Siege, die eine WM so speziell machen. Wenn schon nichts anderes.
Danach spielte Portugal gegen die Elfenbeinküste. Die erste Halbzeit dieses Spiels verbrachte ich damit, mich darüber zu ärgern, dass der überschätzteste Mittelklassefußballer der Welt Cristiano Ronaldo immer noch von allen Medien zu einem guten Fußballer hochgejubelt wird. Das ist er nicht. War er nie. Und wird er auch nie. Cristiano Ronaldo ist die Art Fußballer, die wir damals auf dem Bolzplatz gehasst haben, da sie mit einer Arroganz ihre drei auswendig gelernten Kunststücke vorführten, die auch nicht durch Gel in den Haaren oder rasierten Beinen gerechtfertigt wurde.

Nicht mannschaftsdienlich sondern egoistisch spielt Cristiano Ronaldo und wenn er dann auf eine Mannschaft wie die Elfenbeinküste trifft, die geschlossen auftritt, dann ist er nach 25 Minuten frustriert und schwalbt sich durchs Mittelfeld mit einem Gesicht als hätte man ihm gerade das gesammelte Unrecht dieser Erde angetan. Und ja, ich habe gerade aus „schwalbt“ geschrieben. Achja: Das Spiel ist übrigens 0:0 ausgegangen, was für Portugal schon ein kleiner Fehlstart war. Mal wieder.

Am Abend dann kam der erste Auftritt der sogenannten „geheimnisvollsten Mannschaft“ des Turniers. Was erstmal klingt als würde im Tor ein Einhorn stehen und die Abwehrreihe aus Hexen mit schwarzen Katzen auf dem Buckel bestehen, ist eigentlich nur die Nationalmannschaft Nordkoreas. Von Béla Réthy habe ich gelernt, dass Nordkoreaner diszipliniert sind. Auch lachen tut er nicht, der Nordkoreaner. Alles ganz ernst da.

Der Gegner hätte demnach unterschiedlicher nicht sein können. Brasilien steht für Spaß am Spiel, Freude am Sturm und Sambatore. Soweit das Klischee, was sich seit Jahren hält. Was dann während des Spiels auf dem Platz stand war eine gefestigte brasilianische Mannschaft, die zum ersten Mal seit ich denken kann mehr Gewicht auf die Defensive als auf die Offensive legt. Weg vom Hurra-Fußball, der sich mehr um Tore kümmerte als den eigenen Strafraum. Hin zu geordnetem Aufbau mit klugen Pässen aus dem Mittelfeld und stabiler Abwehrreihe. Das hatte ich so nicht erwartet und ich muß zugeben, dass es mir gefallen hat.

Nach 55 Minuten hatte dann Maicon genug vom bis dato ergebnislosen Disziplinfußball und zauberte das 1:0 hinter den Nordkoreanischen Torwart – der Glanz war kurzzeitig zurück im brasilianischen Spiel. Aus einem Winkel, der physikalisch kurzzeitig unmöglich schien, drosch er den Ball quasi von der Grundlinie ins Tor Nordkoreas. Wer glaubte, dass diese ihr Spiel nun öffnen würden, sah sich im Irrtum. Als wäre nichts passiert spielten sie ihr System weiter, was in der 72. Minute durch das 2:0 für Brasilien bestraft wurde.

Zwar fühlte sich das Spiel die gesamte zweite Halbzeit über so an als hätte Brasilien auch ohne das 2:0 gewonnen (viel zu harmlos agierte Nordkorea), zeigte in der 89. Minute Yun-Nam Ji, dass Nordkorea Tore schießen kann. Zur Überraschung der chinesischen Fans im Stadion (Nordkorea schickte Abordnungen von chinesischen Fans anstelle von eigenen Landsleuten), schickte die Elf aus der kommunistischen Diktatur ein klares Zeichen an Portugal: Wir können Tore schießen.

Da gerade die Schweiz gegen Spanien gewonnen hat, mache ich hier Schluß und schreibe lieber über den heutigen Tag weiter – ist eh interessanter.

Man möge mir das billige Wortspiel in der Überschrift verzeihen.

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