Nordkorea kapituliert – WM Tag 11

Ich hätte einfach nichts sagen sollen. Einfach ruhig hätte ich sein sollen. Die WM in Ruhe lassen. Bescheiden weiter gucken und subtil meckern. Aber nein. Ich musste es ja heraus fordern. SiebenNull. Für Portugal. Sogar Cristiano Ronaldo durfte mal. Was für ein Einstand in den Tag.

Das Spiel gegen Portugal war für Nord-Korea die letzte Chance, den Aufenthalt im imperialistischen Ausland zu verlängern und sie begannen im Gegensatz zu ihrem Spiel gegen Brasilien auch so als hätten sie das verstanden. Portugal hingegen schickte sich zunächst an,  an ihre Leistung vom 0:0 gegen die Elfenbeinküste anzuknüpfen und das Favoritensterben bei dieser WM zu vervollständigen.

Nach einigen Alibi-Chancen des Aussenseiters, die diese, ganz der Underdog, links und rechts elegant liegen ließen, hatte Raul Meireles in der 28. Minute die Schnauze voll und eröffnete, was sich als Torreigen herausstellen sollte: 1:0 Portugal. Es wurden noch hier und da ein paar Chancen vergeben und es ging mit einer Fußball-Welt, die in Ordnung war, in die Pause.

Nach dem Wechsel fand Nord-Korea quasi nicht mehr statt und bei den Portugiesen untermauerten Simao (53.), Hugo Almeida (56.), Tiago (60.), Liedson (81.), Cristiano „der Spiegel“ Ronaldo (87.) und wiederum Tiago (89.) endlich auch mal den Favoritenanspruch Portugals. Mehr will ich dazu eigentlich auch nicht schreiben, zum Einen weil mehr eigentlich auch nicht passiert ist und zum Anderen weil ich trotz allem Portugal im Allgemeinen und Ronaldo im Besonderen immer noch nicht ausstehen kann. Dann doch lieber Ottmars Schweiz.

Betrachtet man die reine Statistik des Spiels Schweiz gegen Chile muss man zwangsweise annehmen, es handelte sich bei der Begegnung um das unfairste Spiel des gesamten Wettbewerbs: Neun gelbe und eine rote Karte stehen zu Buche. Hat man hingegen das Spiel gesehen, fanden sich diese zwar optisch durch ihre pure Anwesenheit auf dem Bildschirm wieder, auf dem Platz jedoch war mindenstens die Hälfte dieser Karten, insbesondere die rote Karte in der 31. Minute gegen die Schweiz, vollkommen ungerechtfertigt.

Bis zu diesem Zeitpunkt ging das Hitzfeld’sche System mal wieder voll auf – vorsichtiges Mittelfeldspiel ohne großen Drang zum Tor und wenn man doch mal zufällig in den gegnerischen Strafraum gelangte, bloß nicht zu genau zielen. Folgerichtig köpfte Grichling in der 26. Minute, in eleganter Harmlosigkeit ergeben, den Ball exakt neben das Tor der Chilenen und nannte das dann Chance. Es sollte die einzige der Schweizer in der ersten Halbzeit bleiben.

Aber auch Chile agierte – nennen wir es zurückhaltend. Selbst nach der roten Karte gegen die Schweiz dauerte es bis zur 56. Minute bis zur ersten richtigen Chance der Chilenen. Sanchez durchbrach den Abwehrriegel der Schweizer, die nach der roten Karte noch vorsichtiger spielten, und lief allein auf Benaglio im Tor zu. Doch zum Glück für die Schweiz erinnerte er sich rechtzeitig an die Höflichkeit, mit der die schweizer Elf bis dato alle ihre Chancen vergeben hatte, und revanchierte sich entsprechend.

In der 75. Minute jedoch war die Chance dann doch zu überzeugend und selbst wenn er gewollt hätte, hätte Gonzalez den Ball wohl nicht mehr neben das Tor köpfen können, als er völlig frei vor dem Schweizer Tor nur noch einzunicken brauchte: 1:0. Bis auf eine, natürlich vergebene, Großchance zum Ausgleich quasi mit Abpfiff, hatten sowohl Chile als auch die Schweiz in der restlichen Zeit nicht mehr viel zu bieten. Wen das 7:0 Portugals allzu sehr beflügelt hatte, den holte dieses Spiel sofort wieder auf den nackten Boden der WM Tatsachen zurück: Hier wird vorsichtig und gestaffelt gespielt. Sturmläufe kann sich keiner erlauben.

Und dann kam Spanien. Der Nachbar hatte vorgelegt, doch das musste egal sein. Es galt sich selbst zu beweisen, dass man mehr konnte als abwartenden Siesta-Fußball. In der Hoffnung, die Niederlage gegen die Schweiz hätte sich noch nicht bis zu Honduras herumgesprochen, begann man in dieser absurden Mischung aus selbstbewußtem Forechecking und konsequentem Zurückhalten, die es Jürgen Klopp so schwer macht, den spanischen Fußball zu beschreiben.

Spaniens Gegner hat niemand so schön zusammengefasst wie Fred, der eine ähnliche Übung wie ich hier bei Spreeblick veranstaltet -  nur ungleich eleganter und professioneller:

„Zu sagen, Honduras folgte einem Spielplan, wäre übertrieben. Die spielten das wie kleine Kinder Lego: man nimmt, was gerade kommt, steckt das irgendwie zusammen und behauptet am Schluss, es wär ein Flugzeug. Oder ein Pferd. Oder eine Ballsportart.“

Spanien – Honduras auf Spreeblick

Das 1:0 in der 17. Minute durch Villa kann man wohl Traumtor nennen. Gegen drei Abwehrspieler zieht er in den Strafraum und hat dann noch die Übersicht, um den Ball in den rechten Winkel zu schlenzdreschen (das habe ich gerade für diese Art Schuß erfunden, denn es war weder das eine noch das andere aber eben auch nicht umgedreht – Ihr wisst schon.). Er schlenzdrosch also den Ball in den Winkel und irgendwie wußte man: Heute wird alles gut. Die Schweiz war weit weg und Honduras war – nunja – Honduras.

Nachdem sowohl Xavi als auch Fernando Torres an der neugewonnen Glückseligkeit teilhaben wollten, dies aber wohl aus persönlichen Gründen trotz herausragender Chancen nicht konnten, war es in der 51. Minute wieder Villa, der Honduras endgültig besiegte. Nicht, dass da jemand dran gezweifelt hätte – am allerwenigsten wohl Honduras selber – aber wenn man dann schonmal da ist, kann man ja mal seiner Favoritenrolle gerecht werden. Dass Villa in der 62. Minute dann noch einen Elfmeter vergab, muss ja niemand wissen.

Spanien war zufrieden, Honduras wohl irgendwie auch – alles wird gut. Dieser WM Montag war ein Tag der Favoriten und in dem einzigen Spiel, in dem es keinen wirklichen Favoriten gab, gewann eben Chile. Das passt schon so. Nur dass ausgerechnet Cristiano Ronaldo nun… aber was solls.

Bis morgen.

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